BürgerInnen gegen den Krieg
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Kritisches Aufarbeiten der Deutsch-Tschechischen Vergangenheit — für ein friedliches Miteinander im größeren Europa

 
     
 

BürgerInnen gegen den Krieg
c/o Conny Wilken, Carl Spitzweg-Platz 3, 85586 Poing

Mitteilung für die Presse, 25.01.04 "Kritisches Aufarbeiten der deutsch-tschechischen Vergangenheit - für ein friedliches Miteinander im größeren Europa"

Eine heiße Auseinandersetzung innerhalb der BürgerInnen gegen den Krieg versäumten leider die DiskussionsteilnehmerInnen, die kurz nach dem Vortrag von Renate Hennecke schon den Veranstaltungsort verließen. Sie hatte über die Entwicklung des deutsch-tschechischen Verhältnisses gesprochen und den Blick auf die Erweiterung der Europäischen Union geworfen. Die Erweiterung der EU auf 25 Mitglieder stellt nicht nur organisatorische Probleme, wie die Anzahl der Kommissionsmitglieder pro Mitgliedsland. Auch das Verhältnis der Bürger zueinander muss sich neu einstellen, weil es jahrzehntelang durch die West-Ost-Trennung nur strikte Konfrontation gab.

In ihrem Vortrag stellte Renate Hennecke ausführlich die Situation der Tschechen seit dem ausgehenden Mittelalter dar, weil ihr Lebensraum abwechselnd von verschiedenen Eigentümern ihren anderen Ländereien zuordnete. Aufgrund der verschiedenen Reiche entwickelten sie verschiedene Zugehörigkeitsgefühle, besonders prägend war selbstverständlich die Jahrhunderte währende Österreichische Monarchie. Einigkeit bestand in der Diskussionsrunde darin, dass der Einigungsprozess Europas notwendig und begrüßenswert ist und der Blick auf die Zukunft gerichtet sein muss. Differenzen gibt es darin, inwieweit die Vergangenheit geachtet, oder im Nachhinein anders betrachtet oder gar geändert werden muss.

Schon während des historischen Teils des Vortrages der Redakteurin der Zeitschrift "Deutsch-Tschechische Nachrichten" gab es eine Auseinandersetzung, wann von "Umsiedlung" oder von "Vertreibung" gesprochen werden muss. Renate Hennecke ging ausführlich auf den politischen Gutachtenstreit ein, der um den Beschluss des Tschechischen Parlaments zur Gültigkeit der Benesch-Dekrete entbrannte. Hier stritten die DiskussionsteilnehmerInnen, inwieweit die Dekrete für Einzelne und Gruppen gerechtfertigt waren. Es wurde klar, dass es Ungerechtigkeiten gab, ob es handhabbare Möglichkeiten gegeben hätte, diese zu vermeiden, blieb strittig. Der heutigen Sicht der Bundesregierung schlossen sich die Diskutanten an, den Renate Hennecke schilderte: Jede Vertreibung ist Unrecht, aber Entschädigungsforderungen werden nicht unterstützt. Nach über fünfzig Jahren müssen Ereignisse als abgeschlossen hingenommen werden, wenn es für die künftigen Entwicklungen eine sichere Basis geben soll. In vielen Ländern müssen ehemalige Massenmörder neben den Verwandten ihrer Opfer leben können, wenn die Taten gesühnt wurden, man sehe nur nach Afrika, wo es in den letzten Jahren Vertreibungen und Völkermorde gab. Individuelle Schicksale, so bedauerlich die Ungerechtigkeiten sind, müssen hinter der gemeinsamen Zukunft zurücktreten.

Die Empfindlichkeit der relativ kleinen Beitrittsstaaten der EU sind dabei besonders zu berücksichtigen, weil es oft neue Staaten sind, die nach kurzer Zeit der Selbständigkeit sich wieder in ein größeres Ganzes einfügen wollen. Daher gibt es eine große Unsicherheit vor dem, was auf die Länder zukommt, Sie fürchten eine zu große Abhängigkeit, weil sie ihre jetzt schon erreichte Abhängigkeit bereits sehen. In Tschechien wurden die großen Zeitungsverlage, die Banken, die Autoproduktion, die großen Einzelhandelsgeschäfte privatisiert und sogleich an ausländische Firmen verkauft, nur die Energieversorgung besteht noch wegen des KKW Temelin tschechisches Eigentum. Renate Hennecke warb deshalb für Verständnis für die Haltung der tschechischen Regierung, innerhalb der EU die Bedeutung kleiner Länder zu stärken und lud zur Teilnahme an einer Konferenz der tschechischen Friedensbewegung ein.

Mit freundlichen Grüßen
Werner J. Schmidt-Koska

 
 
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