BürgerInnen gegen den Krieg
im Landkreis Ebersberg
Home

 

 

Vortrag von Christoph Hörstel zum Krieg in Afghanistan

 
     
 

Deutschland wird am Hindukusch beschädigt!

Fünf Jahre Krieg in Afghanistan mit deutscher Beteiligung:
Hintergründe, aktuelle Situation, Rolle Deutschlands
ein aktueller Erlebnisbericht aus dem Kriegsgebiet
von
Christoph Hörstel

 

Während einige Politiker und Medien immer wieder auf den Busch klopfen, ob sich nicht endlich Deutschland in Afghanistans Süden militärisch stärker "engagieren" soll, riet der langjährige Experte Afghanistans Christoph Hörstel von solchen Überlegungen ab. Stattdessen plädierte er für eine Abkoppelungsstrategie Europas aus der sich abzeichnenden schleichenden Niederlage des westlichen Bündnisses. Deutschland soll sich keinesfalls aus dem kleinen Gebiet im Norden hinein in den Süden und Südosten schieben lassen. Denn dort "ist ein Volksaufstand" im Gange, wie der CDU-Abgeordnete Willi Wimmer meinte.

Die Bundeswehr soll nach Hörstels Beobachtung in ihrem Einsatzgebiet im Noden Afghanistans eine recht gute Lage geschaffen haben, allerdings klein im Verhältnis zur riesigen Fläche Afghanistans. Die einzelnen deutschen Soldaten bereiten sich gründlich vor und sind persönlich sehr an Kenntnissen über die dortige Gesellschaft interessiert, insofern sind sie auch dort glaubwürdig. Mit klimatisierten Jeeps durch die 3-Millionen-Stadt Kabul zu fahren, wie es die US-Militärs vormachen, bildet kein Vertrauen in der Bevölkerung. Das wäre aber dringend erforderlich, weil die Verhältnisse der Afghanen untereinander sehr verwirrend sind. Auf dem Lande dagegen herrschen "übersichtliche" Verhältnisse, die aber "mittelalterlich" sind.

Ältere Afghanen mußten über zwanzig Jahre nachrichtendienstliche Erfahrung sammeln. Sie können zwar zu über 85% nicht lesen und schreiben, nutzen aber die ihnen zur Verfügung stehenden Medien wie Radio und vor allem das Gespräch effektiv. Nach Hörstels Meinung sind westliche Nachrichtendienstler den hocherfahrenen Afghanen in dieser Unübersichtlichkeit nicht gewachsen. Afghanen können schnell feststellen, wem sie nicht vertrauen dürfen. Hörstel berichtet darüber als ein Korrespondent, der mehr als 50 Mal innerhalb von 21 Jahren aus diesem Land berichtet hat und als Krönung seiner Vertrauenswürdigkeit nach dem September 2001 als einziger westlicher Journalist ein Visum erhielt.

Nun bringt er manchmal für den internationalen Streitkräften in Afghanistan "Landeskunde" bei. Er lernte, dass die Dinge sich nicht so entwickeln, wie es in den Berichten aussieht: Selbstverständlich gehen die Frauen weiterhin in der Bukra, nur für 10 Sekunden Film wurde eine Szene gestellt, in der Frauen die traditionelle Bekleidung niederlegten. Auch die Bildung für die Frauen ist nicht besser geworden, denn es gab auch unter den Taliban Bildung für Frauen, natürlich waren die Inhalte anders. Es gilt nicht nur für die Afghanen: Journalisten dürfen nicht immer das schreiben, was sie wissen.

Eine Konferenz aller am Konflikt beteiligter Staaten, also auch der USA und China, könnte nach Meinung Hörstels aus dem Dauerkrieg in Afghanistan herausführen. Hörstel hat sogar einen eigenen Friedensvorschlag mit vielen anderen Beratern zusammen ausgearbeitet. Er schlägt beispielsweise vor, die Selbsmordattentate einzustellen, wenn die internationalen Truppen und Sondereinheiten, Geheimdienste usw. abgezogen werden. Nach weiteren vertrauensbildenden Maßnahmen könnte nach ca. einem Jahr der Wiederaufbau des Landes beginnen. Für diesen Vorschlag erhielt er die Unterstützung von Hans-Christof Graf Sponeck, der UN-Koordinator für den Irak von 98 bis 2000 war, und Friedrich Schorlemmer. Diese Vorschläge würden aus dem gegenwärtigen Kolonialkrieg herausführen und das Land langsam stabilisieren.

Der Wiederaufbau beginnt auf niedrigstem Niveau, denn selbst die Lehrergehälter übersteigen die 100-Dollar-Grenze pro Monat nicht. Für die Bauern müssen Alternativen zum Heroinanbau angeboten werden, (Afghanistan produziert ca. 90% der weltweiten Nachfrage). Es gibt ein kleines Ausweichprodukt: der Export von Rosenöl hat deutlich zugenommen, hier profitiert das Land von seiner Unbelastetheit von industriellen Schadstoffen. Aber nicht zu viele afghanischen Bauern sollen Rosenöl herstellen, sie brauchen Produkte, mit denen sie selbst leben können und nur ein kleiner Teil anderer Erzeugnisse kann als Zusatzverdienst oder zum Austausch gegen wichtige Importe dienen.

 

Christoph Hörstel - Sprecher des Friedenskreises Deutschland e.V. i.G. - hat in den vergangenen 21 Jahren aus Afghanistan berichtet und war über 50 Mal vor Ort. Dabei hat er insbesondere zur Islamischen Bewegung des Landes intensive persönliche Beziehungen aufgebaut. Deshalb war er auch nach dem 11. September 2001 der einzige westliche Korrespondent, der noch ein freies Visum für Afghanistan von den Taliban erhielt. Heute ist er Coach für ausgewählte Führungskräfte der ISAF-Truppen und Gastdozent am IFSH der Uni Hamburg zum Thema "Terror-Mediation am Beispiel Afghanistan". Er hat ein Terror-Stopp-Pilotprojekt für Afghanistan entwickelt und dieses der Bundesregierung und den Abgeordneten des Bundestages vorgelegt. Christoph Hörstel ist von einer Reise nach Afghanistan zurückgekehrt, wo er sich vor Ort ein Bild über die aktuelle Situation verschafft hat. In einem Aufruf an alle Bundestagsabgeordneten anlässlich der OEF-Abstimmung im Bundestag forderte er aufgrund seiner aktuellen Reiseerfahrungen zusammen mit Hans-Christof Graf Sponeck, UN Koordinator für den Irak (1998-2000) und Friedrich Schorlemmer den Abzug aller Truppen aus dem Hindukusch.

 



 
 
Copyright © 2016 BürgerInnen gegen den Krieg Ebersberg