BürgerInnen gegen den Krieg
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Interview von Werner Schmidt-Koska mit der Ebersberger Zeitung zum Krieg gegen die Ukraine

 
     
 

Werner Schimdt-Koska gab Josef Ametsbichler von der Ebersberger Zeitung folgendes Interview, das am 28. Februar 2023 erschien:

"Man muss Rüstung haben" - Friedensaktivist erklärt, warum er trotzdem gegen Waffen für Ukraine ist

Landkreis - Keine Waffenlieferungen, keine Wirtschaftssanktionen: Im Landkreis Ebersberg engagiert sich ein knappes Dutzend Aktivisten im Bündnis "BürgerInnen gegen den Krieg". Die Mitglieder treten seit über 20 Jahren für Frieden ein - und nun für ein Ende der Waffenlieferungen an die Ukraine. Frieden müsse zur Not auch mit Zugeständnissen an Russland erkauft werden, sagt Werner Schmidt-Koska (74) aus Zorneding im Interview.

- Herr Schmidt-Koska, Sie haben am Samstag in Ebersberg eine Mahnwache für Frieden abgehalten. Hätten Sie sich auch vorstellen können, mit Sarah Wagenknecht, Alice Schwarzer und 13 000 Anderen in Berlin zu demonstrieren?
Mein Schwerpunkt liegt hier im Landkreis Ebersberg. Die Demonstration in Berlin habe ich nicht verfolgt. Ich kritisiere Rüstung und Militär seit Jahrzehnten. In den letzten Jahren ist da nicht viel Neues gekommen. Die Zahl 13 000 dürfte aber stark untertrieben gewesen sein, da habe ich auch anderes gelesen.

Friedensbewegung: "Da ist etwas zersplittert"

- Ist so eine Veranstaltung ein gutes Zeichen für die Friedensbewegung?
Im vergangenen Jahr gab es ganz große Auseinandersetzungen, wie man auf diesen Einmarsch in der Ukraine reagieren soll. Das hat nicht nur die Friedensbewegung teilweise zerrissen, sondern auch die Parteien sind stark an ihre Grenzen gekommen. Man hat es auch an den verschiedenen Demos gegen die Münchner Sicherheitskonferenz gesehen: Da ist etwas zersplittert. Die Leute werden sich wieder einigen und auf gemeinsame Schwerpunkte konzentrieren müssen und sich nicht an Details auseinanderdividieren lassen.

Friedensdemo: "Die AfD tut sich leicht"

- Wie bewerten Sie, dass sich die AfD mit der Veranstaltung in Berlin leichter tat, als die Grünen?
Die AfD tut sich leicht, weil sie aus nationalistischen Gründen eine Stärkung der Bundeswehr will, aber sagt: In anderen Ländern einmarschieren, das geht nicht. Bei den Grünen ist es mir ein Rätsel, wie die NATO-Befürworter die gesamte Partei umdrehen konnten. Einerseits argumentieren die Grünen ökologisch, andererseits befürworten sie den Krieg, das Anti-Ökologischste, was es überhaupt jemals geben kann. Das hat eine Geschichte: 1999 befürwortete Joschka Fischer (damals Außenminister, Anm. d. Red.) einen Angriffskrieg der NATO gegen Jugoslawien.

- Glauben Sie, dass sich Kanzler Olaf Scholz und Außenministerin Annalena Baerbock keinen Frieden wünschen?
Baerbock auf keinen Fall. Die ist derart NATO-hörig, dass sie gar nicht anders denken kann. Scholz lässt sich drängen und treiben. Was er dann am Ende tut, ist das Bestätigen der größten Interessensgruppe, der USA.

Vorwurf mangelnder Abgrenzung zur rechten Szene

- An der Demo in Berlin gab es scharfe Kritik, wegen fehlender Abgrenzung zum rechtsextremen Rand. Es gab Teilnehmer aus der rechtsextremen Szene. Wird einem da nicht mulmig, Stichwort: Applaus aus der falschen Ecke?
Sie haben sich sehr wohl abgegrenzt. Transparente der AfD wurde nicht geduldet. Wenn einzelne Leute sagen, sie wollen auch, dass das Schießen aufhört, finde ich das völlig richtig. 1982 bei den Bonner Demonstrationen (rund 500 000 Menschen gegen den Nato-Doppelbeschluss zu Atomarer Abschreckung, Anm. d. Red.) waren auch Rechtsaußen dabei. Aus nationalistischen Gründen und des Lebensrechts, damit Westdeutschland bei einem atomaren Angriff nicht zum ersten Schlachtfeld wird.

"Man muss Rüstung haben, damit man kein Freiwild wird"

- Die nationalistischen Gründe haben Sie vorher auch der AfD zugesprochen. Also aus Ihrer Sicht ein akzeptables Motiv, um für den Stopp von Waffenlieferungen einzutreten.
Das ist dann völlig in Ordnung. Man muss eine bestimmte Rüstung haben, damit man nicht einfach Freiwild wird. Aber man darf sie nicht dazu verwenden, den Nachbarn zu überfallen, das widerspricht der UN-Charta.

Russlands Angriff: "nicht akzeptabel"

- Russland greift einen souveränen Staat an, dessen Grenzen es zuvor selbst anerkannt hatte.
Das ist nicht akzeptabel. Aber es hätte die Grundlage gegeben, einen Frieden auszuhandeln, mit Rücksicht auf die russischsprachige Minderheit in der Ukraine. In Südtirol und im Elsass hat man auch eine Lösung gefunden, die dänische Minderheit in Schleswig-Holstein ist im Parlament vertreten.

- Wie sieht Ihre Lösung für die Ukraine aus, wo läuft die Grenze?
Ganz allgemein bin ich dafür, dass Grenzen reine Verwaltungsgrenzen werden und nicht solche von Staaten, die die Bürger im Inneren als Eigentum betrachten.

Territorium der Ukraine: "Hauptsache, es wird nicht mehr rumgeschossen"

- Die Beispiele, die Sie genannt haben beziehen sich auf Demokratien. Fänden Sie es akzeptabel, dass die Ukraine Territorien an die Diktatur Russland abgeben muss, um Frieden zu schaffen?
Das wird sich wahrscheinlich so ergeben. Internationale Beziehungen und Vereinbarungen können nicht verlangen, dass die Gegenseite die eigene Staatsform übernimmt. Ich hoffe, dass sich diese Auseinandersetzungen international so lösen lassen, dass alle einigermaßen zufrieden sind und die Menschen dort nicht mehr um Leib und Leben fürchten müssen. Hauptsache, da wird nicht mehr rumgeschossen.

- Diese Haltung nennen Kritiker "Lumpenpazifismus", weil sie darin das Akzeptieren eines Diktatfriedens sehen. Hat absoluter Pazifismus noch Zukunft?
Das ist Herumgeballer ohne Substanz. Wenn sich die Kriegsführung durchsetzt, wird die Erde überleben. Aber ohne Menschen.



 
 
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