BürgerInnen gegen den Krieg
im Landkreis Ebersberg
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Offener Brief an den Bundestags-Abgeordneten Ewald Schurer

 
     
 

Ebersberg, den 7. November 2001

BürgerInnen gegen den Krieg im Landkreis Ebersberg
c/o Dr. Martin Schraven  ·  Böhmerwaldstr.60  ·  85560 Ebersberg

An Herrn
Ewald Schurer MdB
Paul-Löbe-Haus 5. 150
Platz der Republik
11011 Berlin

Sehr geehrter Herr Schurer!

Die Friedensinitiative im Landkreis Ebersberg "BürgerInnen gegen den Krieg" wendet sich aus großer Besorgnis an Sie in Ihrer Funktion als Abgeordneter des Landkreises Ebersberg. Die Bundesregierung hat beschlossen, im Rahmen der Bekämpfung des Terrorismus bis zu 3900 deutsche Soldaten zum Kriegseinsatz bereitzustellen.

Wir, Bürgerinnen und Bürger aus Ihrem Wahlkreis, halten diesen Beschluss moralisch, juristisch und politisch für verwerflich. Wir fordern Sie auf, im Bundestag gegen diesen Beschluss zu stimmen.

Wenn wir auch mit Ihnen in einem Punkt übereinstimmen, dass nämlich die Bekämpfung des Terrorismus notwendig und legitim ist, weil er menschenverachtend und kriminell ist, so sind wir mit dem Weg, den die Regierung der USA und in ihrem Gefolge die Bundesregierung in Einklang mit der Opposition (mit Ausnahme der PDS) eingeschlagen hat, nicht einverstanden. Der Kampf gegen die Verbrechen der Terroristen muss mit rechtsstaatlichen, d. h. polizeilichen, juristischen und politischen Mitteln geführt werden.

Der Krieg gegen Afghanistan ist moralisch verwerflich, weil er in erster Linie nicht Terroristen trifft, sondern Kinder, Frauen und hilfsbedürftige Menschen, Menschen die nichts mit den Terroranschlägen in den USA zu tun haben. Die Zahl der zivilen Todesopfer und Verwundeten geht in die Tausende, die Zerstörungen ziviler Einrichtungen sind immens. Die Bombardierungen haben riesige zusätzliche Fluchtbewegungen ausgelöst. Über drei Millionen Menschen sind bereits in die Nachbarländer geflohen oder in Afghanistan auf der Flucht. Bei Anbruch des afghanischen Winters sind nach Angaben des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen UNICEF Hunderttausende, darunter mindestens 100.000 Kinder, akut vom Hungertod bedroht, falls keine Hilfe kommt. Hilfe kann aber nicht kommen, solange der Krieg andauert.

Die katastrophale Auswirkung des Krieges steht nicht hinter der Katastrophe der Terroranschläge zurück, sie ist, das ist absehbar, weit verheerender. Die Politik der USA und aller mit in das kriegerische Geschehen involvierten Staaten ist – wir müssen es so deutlich aussprechen – auf dem besten Wege, sich auf dieselbe Stufe mit der "Politik" der Terroristen zu stellen.

Diese Position, die wir, BürgerInnen Ihres Landkreises, seit Beginn des Krieges vertreten haben, wird inzwischen auch von fast allen nationalen und internationalen Hilfsorganisationen, inzwischen aber auch von den beiden großen christlichen Kirchen, eingenommen.

Der Krieg gegen Afghanistan ist juristisch nicht zu rechtfertigen. Denn so groß auch die Zahl der Opfer der Terroranschläge ist, sie sind ein Verbrechen und keine Kriegserklärung; diese kann bekanntlich nur durch einen Staat erfolgen. Mit der "Auslegung" der Terroranschläge als "Kriegserklärung gegen die zivilisierte Welt" (eine solche sieht das Völkerrecht bekanntlich nicht vor) wird die Öffentlichkeit (wohl bewusst) irregeleitet.

Der Krieg gegen Afghanistan ist politisch falsch. Eine der seit vielen Jahrzehnten wirkenden Ursachen des Terrorismus ist die Aufteilung der Welt in Arme und Reiche, ist eine Politik, die die Menschen der armen Länder diskriminiert, ist eine Politik, die diese Weltordnung zementiert. Dieser Krieg zeigt nicht nur die Unfähigkeit der "ersten" Welt, die wirklichen Ursachen des Terrorismus zu beseitigen, sondern er ist nicht nur für die Welt der islamischen Länder, sondern für alle verarmten Völker dieser Welt das eindeutige Signal, daß die reichen Länder (allen voran die USA, aber auch Westeuropa steht in dieser Hinsicht den USA kaum nach) an dieser Weltordnung nichts ändern wollen.

Schon lange gab es in der ganzen islamischen Welt viele Menschen, die sich aus diesen Gründen im Haß gegen die USA einig sind. Jetzt aber werden es immer mehr Menschen, die sich mit der verbrecherischen Politik der Terroristen solidarisieren. Der Krieg gegen Afghanistan wird bei noch mehr Menschen als bisher die Bereitschaft vergrößern, Terroranschläge zu verüben; die Gefahr des Terrorismus nimmt durch diesen Krieg lang- und kurzfristig zu, nicht ab. Er ist direkt gegen Lebensrechte der Menschen in Afghanistan und in unserem Lande gerichtet.

Aus all diesen Gründen fordern wir Sie dazu auf, den Einsatz der Bundeswehr in diesem moralisch, juristisch und politisch nicht zu rechtfertigenden Krieg abzulehnen.

Wenn Sie sich mit unseren Ansichten und Argumenten auseinandersetzen wollen, laden wir Sie gern zu unseren nächsten Veranstaltungen ein:

Am Montag den 12. Nov. 2001 19.30 Uhr:

Frau Angela Nissen, Krankenschwester von Ärzte ohne Grenzen, berichtet über Ihre Zeit in Afghanistan

Am Montag den 19. Nov. 2001 19.30 Uhr referiert Herr Magdi Gohary über:

USA und Afghanistan - Hintergründe und Ursachen eines Krieges

Außerdem haben wir inzwischen eine Internet-Adresse:

http://frieden-ebe.de/

Diese ist voraussichtlich immer auf dem aktuellen Stand, was Veranstaltungen betrifft.

Herzliche Grüße



 
 
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